Start Meinung Gespräche über die Zukunft bei jaeger + haeckerhase

Gespräche über die Zukunft bei jaeger + haeckerhase

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Die Rahmenbedingungen für unsere Branche haben sich durch Corona verändert. Neue Entwicklungen wurden initiiert und warfen Fragen auf. Insbesondere die, ob es noch eine Zukunft für die „klassische“ Live-Kommunikation gibt. Und wenn ja, wie wird sie mit der digitalen Welt verknüpft? Und wie entstehen Erlebnisse, die in beiden Welten gleichermaßen gut funktionieren? Um diese Fragen zu diskutieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, hat die Agentur jaeger + haeckerhase einen Workshop mit Branchenkollegen im Lindner Congress Hotel Düsseldorf durchgeführt. Teilnehmer waren Eva Wolf von Wolf One, Holger Niewind von Aventem, Matthias Korn von Plan-Union, Sabine Mayer von Treibhaus, Alexandra Weber von Lindner Hotels, Tobias Radjeh von FR Catering, Sascha Poddey von music4friends, Kai Janssen von Herr Janssen, Michael Hosang vom Studieninstitut für Kommunikation, Peter Blach vom BlachReport, Marcel Schettler von guest one, dem Speaker und Moderator Cristian Gálvez, Patrick Croonen vom Airport Düsseldorf, Tim Fabian von Fabian Film sowie Markus Jäger, Jannick Splitthoff und Denis Häcker von jaeger + haeckerhase. Wir haben über den Workshop und seine Ergebnisse mit Agentur-Geschäftsführer Denis Häcker gesprochen. Diskutiert wurde unter anderem über Technik, Content, Hospitaliy und Ausbildung.

BlachReport: Warum hat jaeger + haeckerhase diesen Workshop veranstaltet?

Denis Häcker: Wir haben in persönlichen Gesprächen mit vielen Kollegen, aber insbesondere mit den Teilnehmern des Workshops im Vorfeld einen offenen Dialog gesucht, Erfahrungen ausgetauscht und gegenseitig Hilfestellung gegeben. Davon wurden wir inspiriert, diese Menschen an einen Tisch zu holen. Menschen, die Lust haben in vertrauensvoller Runde einen partnerschaftlichen Austausch zu pflegen. Spätestens während der Pandemie hat man doch verstanden und gespürt, dass es gemeinsam viel besser geht, dass man sich aufeinander verlassen sollte und man stärker ist, wenn man Kräfte bündelt. Unsere Branche war und ist aktuell sehr gebeutelt, da braucht es nicht noch Ellenbogen untereinander. Insofern war es dann keine Überraschung mehr, dass es ein großes Interesse an der Teilnahme gab.

BlachReport: Nach welchen Kriterien haben Sie die Teilnehmer ausgewählt?

Denis Häcker: Wir haben offene Menschen aus unserem Netzwerk gesucht und gezielt angesprochen, die bereit sind, mit Kollegen in den Dialog treten zu wollen. Wir stellen es seit vielen Jahren und Jahrzehnten doch fest, dass gerade die ‚alte Generation von Agenturinhabern‘ ihr Wissen für sich behalten will und nicht mit dem Wettbewerb teilen möchte, damit der bloß keinen Vorteil daraus für sich ziehen kann. Diese Zeit ist längst vorbei. Es braucht heute viel häufiger einen gemeinsamen Schulterschluss, das Commitment untereinander und die Bündelung von Kompetenzen, um am Ende etwas richtig Gutes zu schaffen. Dies ist uns auch mit diesem wohl eher einmaligen informellen Branchentreff gelungen, denn unser Anstoß stieß auf viel Freude und Neugierde – so gar nicht auf Abwehr. Verrückt, oder? Die Neuaufstellung vom ehemaligen Famab in die heutige Bundesvereinigung der Veranstaltungswirtschaft geht letztendlich in die gleiche Richtung. Sich zusammentun, um etwas Großes zu bewegen.

Workshop im Lindner Congress Hotel Düsseldorf

BlachReport: Zum Einstieg gab es eine Frage an alle: ‚Wodurch unterscheidet sich meine Arbeit 2023 im Vergleich zu 2019‘? Was ist dabei rausgekommen?

Denis Häcker: Wichtig war uns natürlich der Anstoß an unsere Gäste, die Situation noch einmal zu reflektieren. Jeder denkt das gleiche und doch was anderes. Es gibt viele gemeinsame Learnings. Früher haben wir für die Vorbereitung von Events sechs bis zwölf Wochen Zeit gehabt, heute oft nur noch die Hälfte der Zeit. Zurück zur Frage. Ich habe die Antworten mal zusammengefasst:

  • Es wird schneller, höher, weiter.
  • Kollaborationen sind wichtig und ‚content is king‘.
  • Das Thema Nachhaltigkeit wird uns zunehmend begleiten!
  • Der Blick in die Zukunft ist wichtiger denn je, um jederzeit schnell und antizipativ handeln zu können
  • Die Herausforderung zu bewältigen, Live- und Online-Teilnehmer bei ‚hybriden‘ Formaten gleichermaßen zu emotionalisieren, zu involvieren und zu aktivieren.
  • Aber auch: 2023 wird sich nur unwesentlich von 2019 unterscheiden, jedoch mit der Herausforderung, ‚Remote-Arbeit‘ von mehrheitlich festen Mitarbeitern als Führungskraft zu managen.

Letzteres wird alltäglich, der Umgang damit muss allerdings noch gelernt werden.

BlachReport: Welche Anforderungen ergeben sich kurz- und mittelfristig für die Leistungserbringer in der Live-Kommunikation?

Denis Häcker: Emotionalisierung muss das Gegengewicht zur Digitalisierung werden und belegt nicht nur damit seine Sinnhaftigkeit. Digitale Projekte sind viel rationaler im Vergleich – und dass trotz Gamification, Dramaturgie und Spannungsbögen. Das Thema ‚Beratung‘ müssen wir viel ernsthafter angehen und als Dienstleistung verstehen. Aber auch hier habe ich die Ergebnisse aus dem Workshop mal zusammengefasst:

  • Ein emotionales Gegengewicht zur Digitalisierung einplanen.
  • Ein harmonisches, sich gegenseitig ergänzendes Zusammenspiel von live und digital schaffen.
  • Sinnhaftigkeit als Selbstverständlichkeit verstehen.
  • Der dramaturgische Spannungsbogen in allen Maßnahmen.
  • Personalentwicklung und Qualifizierung im Einklang mit ‚live work balance‘.
  • Beratungsmandantschaft gegenüber Kunden stärken und bezahlen lassen.
  • Individualisierten Content und Nutzenorientierung herausarbeiten und anbieten resepektive auch honorieren lassen.
  • In Partnerschaften agieren und von Spezialisten profitieren.

Um das umzusetzen, müssen Personalentwicklung und -qualifizierung eine dauerhafte Aufgabe für das Management werden.

BlachReport: Wie muss eine Tool-Box für erfolgreiche ‚hybride‘ Eventformate künftig aussehen?

Speaker und Moderator Cristian Gálvez

Denis Häcker: Wir haben viel über ‚Hybrid‘ gesprochen, auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Es gab da eigentlich keinen Konsens, aber viele Impulse zum Denken und Handeln Grundsätzlich muss dabei zwischen Live- und Remotezuschauern unterschieden werden. Die Partizipation ist ja doch völlig unterschiedlich und Hybrid nicht das Beste beider Welten. Ich würde fast sagen, dass es nur geringe Synergien zwischen den beiden Formaten gibt, da sie doch sehr unterschiedlich sind bei den technischen Anforderungen und den Erwartungen der Zuschauer. Wir haben das bisher doch nur toleriert, weil es in der Pandemie keine Alternativen gab. Das bedeutet aber auch, dass eine hybride Veranstaltung prinzipiell fast wie zwei fast eigenständige Projekte betrachtet und geplant werden sollten, was sich nicht zuletzt auch beim Budget auswirkt. Das sollte man mit dem Auftraggeber offen besprechen. Qualität muss vor Quantität stehen und wir alle wieder gute Gastgeber ein. Für die Umsetzung sind dann noch mehr Schnelligkeit und Flexibilität gefordert. Last but not least müssen wir uns Fragen nach dem ökologischen Footprint gefallen lassen und verstehen, dass Nachhaltigkeit keine Modeerscheinung ist.

BlachReport: Wie würden Sie die Ergebnisse Ihres Branchen-Workshops zusammenfassen?

Denis Häcker: Die Erkenntnisse waren wohl für alle Teilnehmer wertvoll und inspirierend, denn der kollegiale Austausch sorgte für ein Zusammengehörigkeitsgefühl, machte Mut und tat allen gut. Ich würde das als einen ersten Schritt auf einem vielleicht gemeinsameren Weg in die Zukunft werten. Mein Appell: Rücken wir doch endlich wieder näher zusammen und zeigen Geschlossenheit! Es gibt da draußen so viele Experten, die zusammen viel stärker sind als jeder für sich allein.

BlachReport: Immer mehr Veranstaltungen und Messen finden jetzt wieder statt. Welche Entwicklung bei den Formaten erwarten Sie in den nächsten sechs Monaten.

Denis Häcker: Ich bin da eigentlich sehr zuversichtlich. Die aktuelle Auftragslage spiegelt die Entwicklung vielleicht schon ganz gut wider. Wir haben Kunden, die bereits erste Veranstaltungen wieder bewusst live mit uns planen und auch in den kommenden Wochen umsetzen. Von 50 bis 400 Personen ist alles dabei. Andere Kunden sind dagegen noch zurückhaltend, was Live-Veranstaltungen angeht, aber digital darf es weiter sein.

Die Budgets werden aus meiner Sicht kleiner und in Zukunft noch deutlicher den Takt vorgeben. Viele Töpfe wurden während Corona gestrichen, und was einmal weg ist, kommt so schnell nicht wieder. Meine Befürchtung ist daher, dass der Kuchen für die Branche kleiner wird. Die Kunden sehen jetzt allerdings trotz des augenscheinlichen Vorteils von Home-Office und der damit verbundenen Effizienz, dass die eigene Unternehmenskultur und das ‚Miteinander‘ stark in Mitleidenschaft gezogen sind. Da müssen sie schnell geggensteuern, und dafür werden Kommunikations-Experten benötigt. Digitale Events sind eben doch kein Ersatz realer Begegnung.

BlachReport: Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.