Die Kategorie „Einzelhandel“ wächst um neun Prozent auf einen Gesamtwert von 41,5 Milliarden US-Dollar. Die Einzelhandelsmarken unter den Top 50 profitierten von einem starken Binnenmarkt, vielfach über der Inflation liegenden Gehaltserhöhungen sowie einer Beschäftigung auf Rekordniveau und vor allem auch hohem Verbrauchervertrauen. Auf dieser Basis trotzten sie der weltweit eher flauen Handelskonjunktur. Zahlreiche Einzelhandelsmarken haben mittlerweile ihr Geschäftsmodell erfolgreich auf digitale Kanäle ausgedehnt und sich so mitunter zu disruptiven Kräften in der eigenen Branche entwickelt.
Im Handelssektor sind auch die beiden Neueinsteiger unter den Top 50, Fielmann und Tchibo, zuhause. Der Brillenhersteller Fielmann (Platz 35 mit 1,8 Milliarden US-Dollar) hat das Verhalten deutscher Verbraucher beim Kauf von Brillen und Kontaktlinsen grundlegend verändert. Der Marke Tchibo (Platz 50 mit einer Milliarde US-Dollar) gelang der Sprung unter die Top 50 dank starker Kundenbindung und eines attraktiven Produktportfolios.
Unter den zehn wachstumsstärksten deutschen Marken finden sich mit Otto (plus 18 Prozent), dm (plus neun Prozent) und Rewe (plus sieben Prozent) allein drei Handelsunternehmen. Insbesondere Otto hat die digitale Transformation des eigenen Geschäftsmodells vom klassischen Versandhandel zum Onlinehändler sehr gut gemeistert. Die Hamburger belegen mit einem Markenwert von Milliarden US-Dollar in diesem Jahr Platz 46.
Der Gesamtwert der deutschen Top 50 Marken beträgt 336 Mrd. USD. Damit bleibt Deutschland hinsichtlich des Werts der 50 stärksten Marken im europäischen Vergleich das Maß der Dinge – weit vor Großbritannien, Frankreich oder Spanien.
Der Erfolg einiger Marken stützt sich auf die starke Binnennachfrage, doch auch das im Vergleich zu anderen Ländern große Exportgeschäft – mit einer Exportquote von 74 Prozent – beflügelt das Wachstum vieler Marken im Ranking. Die wachstumsstärksten Marken sind Adidas (plus 25 Prozent) und Puma (plus 19 Prozent), die beide mehr als 90 Prozent ihres Umsatzes im Ausland erzielen. Das starke Ergebnis der beiden Sportartikelhersteller trägt zudem maßgeblich dazu bei, dass die Bekleidungsbranche die wachstumsstärkste Kategorie darstellt und im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent auf nun 21 Milliarden US-Dollar zulegt.
„Deutschlands exportorientierte und vielfältige Markenlandschaft wurde durch einen zunehmend lebhaften Inlandsmarkt unterstützt. Das Ergebnis ist ein starkes und stabiles Marktumfeld, das den führenden Unternehmen des Landes geholfen hat, den Herausforderungen des globalen Handels zu begegnen, eine hervorragende Grundlage für die größte europäische Wirtschaft zu schaffen und so den Wert der erfolgreichsten Marken des Landes weltweit zu steigern“, erklärt David Roth, CEO von The Store WPP EMEA und Asien sowie Chairman von BrandZ.
Nachfolgend die zehn wertvollsten deutschen Marken 2020:
Platz 2020 Marke Kategorie Markenwert (Mrd. USD)
1 SAP Technologie 50,875
2 Deutsche Telekom Telekommunikation 44,880
3 Mercedes-Benz Automobil 22,129
4 BMW Automobil 21,942
5 Adidas Bekleidung 17,147
6 DHL Logistik 16,546
7 Aldi Einzelhandel 14,628
8 Siemens Mischkonzern 14,338
9 Bosch Mischkonzern 11,556
10 Allianz Versicherung 8,655
Zu den Schlüsselfaktoren für den Erfolg starker Marken zählt die Fähigkeit, ein qualitativ hochwertiges Kundenerlebnis zu bieten und Vertrauen bei den Verbrauchern aufzubauen. Marken, die über alle Verbraucherkontaktpunkte hinweg ein konsistent hohes Qualitätserlebnis bieten, zeichneten sich als besonders leistungsstark aus. Jene Marken, die auf dem Customer Experience-Index einen Wert von 110 oder höher aufwiesen (wobei 100 die durchschnittliche Marke abbildet), hatten eine höhere Wahrscheinlichkeit, den Markenwert zu steigern. Demgegenüber entwickeln sich Marken mit einem Indexwert unter 109 deutlich schwächer. DHL bot mit einem Indexwert von 143 das beste Markenerlebnis. Auch Lufthansa (Indexwert 128), dm (Indexwert 125), adidas (Indexwert 123) und Fielmann (Indexwert 124) zählen bei der Customer Experience zu den Top-Performern.
Ein weiteres wichtiges Kriterium, das bei der Entwicklung des Markenwerts eine große Rolle spielt, ist Vertrauen. Verbraucher erwarten heute, dass Unternehmen und Marken sich ihnen gegenüber fair verhalten. Das reicht von der Preisgestaltung für den Kunden bis zur Behandlung von Mitarbeitern und Lieferanten. Das wachstumsstarke Einzelhandelssegment erzielte in den Dimensionen „Corporate Fairness“ und „Vertrauen“ mit durchschnittlich 115 und 114 hohe Indexwerte. Fielmann belegt in beiden Bereichen mit 165 und 143 Indexpunkten die Spitzenposition.
„Vertrauen und ein hochwertiges Qualitätserlebnis sind für die Auswahl der Marken, die Konsumenten fest in ihren Alltag integrieren, essenziell. Da diese Elemente des Markenversprechens auch 2020 weiter an Bedeutung gewinnen werden, sollten sich deutsche Marken darauf konzentrieren, sie zu einem festen Bestandteil ihres Leistungsversprechens und ihrer Kommunikation zu machen“, so Christoph Prox, Geschäftsführer für Brand, Media & Communication bei Kantar.
Weitere zentrale Erkenntnisse der diesjährigen Studie sind:
Abfall als potenzieller Wertstoff: Re- und Upcycling liegen als Quellen für neue Produktideen stark im Trend. Adidas, die innovativste Marke unter den Top 50 (Indexwert 126), brachte die Parley-Kollektion auf den Markt, deren Produkte zu mindestens 75 Prozent aus recyceltem Plastik bestehen. Die funktionalen Sportprodukte dieser Serie wurden als Beitrag zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung durch Plastikmüll inszeniert. Eine ähnliche Initiative kam von Tchibo: Die Hamburger führten ebenfalls eine aus Plastikmüll aus den Meeren, Plastikflaschen und Textilabfällen hergestellte Sportkollektion ein.
Convenience als Erfolgsfaktor: Konsumenten erwarten von Marken heute ständige Verfügbarkeit sowie eine gewisse Arbeitserleichterung – das gilt insbesondere für den Einzelhandel. So bietet Aldi (Platz sieben mit 14,6 Mrd. USD) bereits landesweit einen Lieferservice mit einem Sortiment, das über das im stationären Handel hinausgeht. Lidl (Platz elf mit 8,6 Mrd. USD) hat die Öffnungszeiten bis 22 Uhr verlängert – ebenso wie Edeka (Platz 23 mit 2,6 Mrd. USD), Rewe (Platz 40 mit 1,6 Mrd. USD) und Kaufland (Platz 45 mit 1,3 Mrd. USD).
Deutsche Automobilität wird elektrischer: Deutschland verzeichnete in Europa zuletzt die höchste Zahl an Neuzulassungen im Bereich Elektrofahrzeuge. Eine Entwicklung, die nicht zuletzt durch das immer dichtere Netz öffentlicher Ladestationen gefördert wird und auf die deutsche Autohersteller nun mit neuen Modellen reagieren. Für viele Konsumenten verliert die Motorleistung als Auswahlkriterium für ein neues Auto an Bedeutung. Stattdessen berücksichtigen sie für die Entscheidung zunehmend Umweltfaktoren. Porsche (Platz 16) war hier besonders erfolgreich, was sich in einem Markenwertzuwachs von fünf Prozent auf nun 6,2 Mrd. USD widerspiegelt.
Wachsendes Umweltbewusstsein bei Generation 50+: Nicht nur die jungen Menschen machen sich Sorgen um die Umwelt. Ganz im Gegenteil: Die über 50-Jährigen repräsentieren rund zwei Drittel der Menschen, die als „ökologisch aktiv“ definiert werden. Als Verbraucher sind diese Menschen durchaus bereit, ihr Leben und damit ihre Produkt- und Markenauswahl zu verändern, um die Umwelt zu schonen.
Die „BrandZ Germany“ der Top 50 der wertvollsten deutschen Marken steht zusammen mit dem Ranking und detaillierten Analysen auf der Webseite von Kantar zum kostenlosen Download zur Verfügung.
Info: www.kantar.com