Mit der Erforschung vom „Kongress der Zukunft“ und wie lebendige Veranstaltungen gelingen, ist das micelab:bodensee vor zehn Jahren an den Start gegangen. Nun setzt die Forschungsplattform für Veranstalter einen weiteren Schwerpunkt und hat „Psychologische Sicherheit“ in den Mittelpunkt gestellt. „Durch Corona, Krieg und Energieknappheit ist unser Bedürfnis nach Sicherheit gestiegen – sowohl unser individuelles als auch in der Branche. Deshalb wollen wir verstärkt Räume schaffen, die wertvolle persönliche Begegnungen ermöglichen“, erklärt Urs Treuthardt vom micelab:bodensee.
Elf MICE-Experten aus dem Netzwerk BodenseeMeeting (Träger des micelab:bodensee) forschten drei Tage lang im Dataroom, der aktuell im Oldtimermuseum in Hard am Bodensee steht. Impulsgeberin war die klinische Psychologin und Psychotherapeutin Karin Clemens, die seit dreißig Jahren in den Bereichen betriebliche Gesundheit und Traumatherapie tätig ist. Sie zeigte an Beispielen aus ihrer Praxis, wie Menschen verunsichert werden – und wie sie wieder psychologische Sicherheit gewinnen.
„Dazu müssen im Wesentlichen drei ‚V‘ erfüllt sein: Menschen können einander Vertrauen und Verantwortung schenken und Verletzlichkeit zeigen, ohne abgewiesen oder sonst wie negativ sanktioniert zu werden“, verdeutlichte Clemens. Die Effekte: Teams teilen Wissen, lernen gemeinsam, sind kreativ, fühlen sich dem Team oder dem Unternehmen verbunden und sind allgemein zufriedener. Dies gilt für Teams in Unternehmen und bei Veranstaltungen gleichermaßen.
Für die MICE-Praxis kann das heißen, differenzierteres Feedback nach Events einzuholen, um eigene Leistungen zu verbessern und Kunden eigene Erfahrungen zu vermitteln, um passende Formate für das Veranstaltungsziel zu finden. Auch eine hierarchiefreie Wortwahl kann helfen. Eine ko-kreative Zusammenarbeit statt Aufgaben erteilen setzt ebenso einen vertrauensvollen Umgang voraus und mindert Risken für Einzelne. „Wir wollen solche Strategien weiterentwickeln, umsetzen und können uns auch vorstellen, mit anderen innovativen MICE-Regionen zu kooperieren“, bekräftigt Urs Treuthardt.
In Übungen sammelte die Gruppe auch Taktiken, um negativen Einflüssen beispielsweise aus Politik und Medien, entgegenzusteuern. Dazu gehören unter anderem bewusster Konsum positiver Nachrichten, Zeit für private Glücksmomente, positives Feedback geben und einfordern oder sich auf Resilienzfaktoren besinnen.
Die Forscher gingen auch persönlichen negativen Glaubenssätzen, die meist aus der frühen Kindheit stammen, auf den Grund. Diese übersetzten sie in einem aufwändigen Prozess jeweils zu zweit in stimmige „positive Lebensprämissen“. So wurde aus „Keiner sieht mich“ beispielsweise „Ich bin wertvoll“, was durch eigene Erlebnisse auch unterfüttert werden konnte. „Eine positive Grundeinstellung erleichtert nicht nur das eigene Denken und Handeln, sondern auch den Umgang mit anderen. Auf dieser Basis wollen wir Veranstaltungen weiterentwickeln. Nur wenn wir vertrauensvolle Atmosphären für die Menschen schaffen, hat auch unsere Branche eine gute Zukunft“, ist Urs Treuthardt überzeugt.