Wir haben mit Timo Feuerbach, Geschäftsführer beim EVVC Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren, über Erwartungen an die neue Regierung und die Aktivitäten des EVVC gesprochen. Außerdem wollten wir wissen, ob die Politik die Veranstaltungswirtschaft überhaupt ernst nimmt und warum es nicht gelingt, die Branche nach außen mit einer einzigen starken Stimme zu vertreten.
BlachReport: Nach dem Sommer haben alle daran geglaubt, dass wir die Pandemie halbwegs überwunden haben. Jetzt ist die Situation wieder wie im vergangenen Winter. Haben Sie noch Hoffnung, dass wir über Covid-19 irgendwann in der Vergangenheitsform sprechen können?
Timo Feuerbach: Ja, aber die Situation ist momentan weitaus angespannter. Die Umsetzung der COVID-19 Maßnahmen in den einzelnen Bundesländern gleicht wieder einem Flickenteppich, und die Einschränkungen für Veranstaltungen sind ein weiteres Mal erheblich. Dazu kommt, dass die Ausfallabsicherung nicht greift und Events wieder verschoben werden. Daraus ergibt sich eine vernichtende Bilanz für die Dienstleister und Service-Provider in der Veranstaltungswirtschaft. Dies zeigt, dass wir künftig langfristige Lösungen im Umgang mit Pandemien benötigen.
BlachReport: Welche Vorgehensweisen können Sie den EVVC Mitgliedern zum Start ins neue Jahr mitgeben?
Timo Feuerbach: Die EVVC-Mitglieder haben ihre eigenen Erfahrungen gesammelt. Hier hat die Nutzung als Impfzentren eine wichtige Rolle gespielt. Die schwierige Situation der Mitglieder animiert nun zum engeren Austausch und zum gegenseitigen Mut machen. Trotzdem müssen wir auch langfristige Themen im Auge behalten. Dazu zählt das seit 2015 regelmäßig stattfindende Future Meeting Space. Wichtig ist es auch, die Aus- und Weiterbildung zu stärken. Dafür geht unsere Lern-App für Azubis Anfang 2022 an den Start. Weiterhin muss das Berufsbild Veranstaltungskaufmann überarbeitet und an die neuen Anforderungen angepasst werden. Auch beim Thema Nachhaltigkeit tut sich einiges: In 2022 werden die Kriterien für den Blauen Engel für Events erarbeitet. Hier bringen wir uns ein und achten darauf, das mit dem EU Green Deal in Übereinstimmung zu bringen.
BlachReport: In Berlin fand vor wenigen Wochen die Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft statt. Wie beurteilen Sie die Ergebnisse?
Timo Feuerbach: Das Forderungsmemorandum an die Regierung enthält wichtige Punkte, die wir mittragen. Diese Punkte decken aber nur einen Teil der Themen in der Veranstaltungswirtschaft ab. Die Bundeskonferenz stellt partikuläre Einzelinteressen in den Vordergrund, deswegen fühlen wir uns hier nicht adäquat vertreten.
BlachReport: Nimmt die Politik die Veranstaltungswirtschaft mittlerweile ernst? Oder bleibt sie für immer die Spaßfraktion?
Timo Feuerbach: Meine Wahrnehmung ist, dass wir an Bedeutung gewonnen haben. Dazu haben wir als Gesprächspartner in den verschiedenen Ministerien für Wirtschaft, Kultur und Finanzen beigetragen. Es gelang uns, die Überbrückungs- und Neustarthilfen zu initiieren, mehr Abgeordnete für die Situation der Veranstaltungswirtschaft zu sensibilisieren und ihnen die Zusammenhänge zu erklären.
BlachReport: Der Koalitionsvertrag liegt vor. Welche Erwartungen haben Sie an die neue Regierung?
Timo Feuerbach: Zunächst waren wir enttäuscht, weil die Veranstaltungswirtschaft wieder keine Erwähnung fand. Es gibt aber gute Ansätze wie flexible Arbeitszeitmodelle und die finanzielle Stärkung der Kommunen, was für unsere Mitglieder eine wichtige Rolle spielt, weil sie oft in kommunaler Trägerschaft sind. Kongresse und Messen stellen bedeutende Standortfaktoren für Kommunen dar und sind viel mehr als ein ‚nice to have‘. Sie sind ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor, und Veranstaltungen bilden ein eigenes Ökosystem. Das Bekenntnis zu Sport- und Großveranstaltungen im Koalitionsvertrag ist ebenfalls zu begrüßen. Wichtig ist nun ein durchgängiger Dialog mit der Regierung. Durch den Wahlkampf ist einiges, was vorher initiiert wurde, wieder ins Hintertreffen geraten.
BlachReport: Der EVVC engagiert sich im Forum Veranstaltungswirtschaft, parallel dazu gibt es die Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft und die fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft. Wäre es nicht effektiver, konzentriert und mit einer Stimme die Veranstaltungswirtschaft nach außen zu vertreten?
Timo Feuerbach: Das ist eine gute Idee. Gerade während der Pandemie ist das in den Fokus geraten und führte zu wichtigen Aktionen wie ‚Zähl dazu‘. Allerdings ist die Branche heterogen, was es nicht ermöglicht, den Interessenvertretungen von oben einfach einen Dachverband überzustülpen. Nicht alle haben die gleichen Ziele. Dennoch bleibt es wichtig, gemeinsame Ziele zu formulieren und zu vertreten. Deswegen sind wir auch offen für neue Bündnispartner.
BlachReport: Woran scheitert der gemeinsame Auftritt gegenüber Politik und Öffentlichkeit?
Timo Feuerbach: Es gibt zu viele Partikularinteressen innerhalb der Branchenvertretungen. Wir haben beispielsweise ein Angebot zur Kooperation an den damaligen FAMAB gerichtet, das aber abgelehnt wurde. Auch vom jetzigen fwd: haben wir seit Sommer keine Rückmeldung auf unsere Vorschläge zur Zusammenarbeit erhalten.
BlachReport: Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.
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