Start Meinung Falco Zanini: Wie Veranstaltungen sicher werden können

Falco Zanini: Wie Veranstaltungen sicher werden können

1074

Der Betriebswirt Falco Zanini arbeitet schon seit mehr als 40 Jahren in der Veranstaltungswirtschaft. Er ist Meister für Veranstaltungstechnik, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sicherheitskoordinator nach Baustellenverordnung und Brandschutzbeauftragter. Unter anderem entwickelt er ganzheitliche Sicherheitskonzepte und betreut Branchenunternehmen hinsichtlich der gesetzlichen Anforderungen im Arbeitsschutz. Wir haben ihn zum Thema Event-Safety befragt.

BlachReport: Sie erstellen Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen und Versammlungsstätten. Was bedeutet das im Detail?

Falco Zanini: Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen sind ein wichtiges Tool, damit die Behörden nachvollziehen können, wie ein Event sicherheitstechnisch vorbereitet wurde – also wie die Sicherheitsorganisation aufgebaut ist, welche wirklichen Gefahren möglicherweise resultieren aus der Veranstaltung, um die es geht, und wie sich der Veranstalter darauf vorbereitet hat.

Im Detail geht es darum, welche Maßnahmen hat er für den Schutz der Besucher und auch der Künstler sowie der direkt Beteiligten eingeleitet? Wie ist das Ganze aufgebaut? Wie ist die Organisation strukturiert? Was passiert, wenn etwas passiert ist? Wer muss was, wie und wo auf welche Weise umsetzen? Wer übernimmt die Verantwortung? Dazu kommen Pläne, Kommunikationsübersichten, Organigramme, Gefährdungsbeurteilungen zu der Veranstaltung und eine Gefährdungsbeurteilung zum Publikumsverhalten Das kann relativ umfangreich werden.

Ein gängiges Missverständnis besteht darin, dass Sicherheitskonzepte erst für Veranstaltungen ab 5.000 Gästen erforderlich sind. Nein, das ist nicht so. In der Verordnung ist fixiert, dass, wenn es die Art der Veranstaltung erfordert, auch für kleinere Events ein Sicherheitskonzept erstellt werden muss. Zwingend vorgegeben ist es dann auf jeden Fall ab 5.000 Besuchern.

BlachReport: Wann sind denn Sicherheitskonzepte ein ‚nice to have‘ und wann ein ‚must have‘?

Falco Zanini: Also ‚nice to have‘ ist, wenn man sich als Veranstalter grundsätzlich immer und bei allen Veranstaltungen dafür entscheidet. Ein ‚must have‘ ist es, wenn die Behörde es fordert, oder wenn mehr als 5.000 Besucher erwartet werden.

BlachReport: Sie erstellen ‚Gefährdungsbeurteilungen‘ und ‚Unterweisungsvorlagen‘. Vorlage wofür? Was bedeutet das in der Praxis für den Veranstalter?

Falco Zanini: Eine Gefährdungsbeurteilung definiert bei Veranstaltungs- und bei Arbeitssicherheit die Basis, in welche Richtung es gehen muss. Bei vielen Veranstaltungen müssen sowohl ein Sicherheitskonzept als auch eine Gefährdungsbeurteilung für das SiKo und generell für die Arbeitssicherheit vorliegen. Veranstalter und Sicherheitsbeauftragte müssen sich überlegen, welche Gefährdungen können auf eine Veranstaltung von außen oder auch Publikumsreaktionen einwirken. Daraus müssen dann Schutzmaßnahmen abgeleitet werden.

Wichtig ist dabei, auch den Anforderungen des Arbeitsschutzgesetz zu genügen. In allen relevanten Regelwerken ist es die Pflicht des Unternehmers beziehungsweise des Arbeitgebers, eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und zu prüfen, welche Gefährdungen für einen Beschäftigten bei seiner Tätigkeit entstehen können. Welche Schutzmaßnahmen sind abzuleiten, damit der Beschäftigte unbeschadet bleibt.

BlachReport: Gibt es denn so etwas wie typische Fehler bei der Arbeitssicherheit auf Veranstaltungen?

Falco Zanini: Ich nenne jetzt keine Veranstaltungen, aber das ist ein Dauerthema – zum Beispiel das Tragen von Sicherheitsschuhen schon beim Aufbau auf der Bühne. Sicherheitsschuhe sind extrem unmodern. Das Tragen von Helmen bei entsprechenden Tätigkeiten beim Auf- und Abbau der Bühne wird ebenfalls nicht so gern gesehen bei vielen Kollegen aus der Tourneebranche.

BlachReport: Wie lassen sich Fehler bei der Event-Sicherheit vermeiden?

Falco Zanini: Also wenn ich Menschen auf einer Produktion erst persönlich ansprechen muss für das Thema Sicherheit beziehungsweise Arbeitssicherheit, ist eigentlich schon ziemlich viel schief gegangen, denn wir kennen ja den Begriff der Gefährdungsbeurteilung. Das Erstellen einer Gefährdungsbeurteilung oder mehrerer Gefährdungsbeurteilungen ist so ziemlich die allererste Arbeitgeberpflicht, wenn ich Personal einsetze. Als Arbeitgeber muss ich Gefährdungsbeurteilungen erstellen für sämtliche Tätigkeiten, die möglicherweise anfallen können, und ich muss das relativ kleinteilig erfassen und daraus dann die notwendigen Schutzmaßnahmen ableiten.

Anzeige:
state-of-the-art Bauwerke im Bereich mobiler Event- und Sonderbauten sowie kinetische Elemente für Live, Corporate und Sport Veranstaltungen vom Spezialisten

Als Beispiel könnte die Gefahr bestehen, dass Gegenstände aus dem Bühnendach fallen – ob es nun ein Multi-Tool oder eine Porzellankaffeetasse ist. Ja, das ist auch schon mal passiert. Man muss alles antizipieren und Schutzmaßnahmen ableiten.

BlachReport: Ein negativer Dauerbrenner vieler Veranstaltungen war ja immer die ultralange Arbeitszeit, die dann zu Fehlern und Gefährdungen führen. Das gilt zum Beispiel auch für Messen.

Ist das immer noch ein Aspekt, über den man spricht? Oder hat sich das mittlerweile reguliert?

Falco Zanini: Hier gibt es ja nicht so viel zu regulieren. Die Rahmenbedingungen sind klar: elf Stunden Ruhezeit, maximal zehn Stunden am Tag Arbeitszeit. Das ist nicht besser geworden und im Augenblick scheint das tatsächlich vor allem ein Problem deutscher Produktionen zu sein. Dieses Jahr höre ich ganz viel von den Messe-Crews, dass die Aufbauzeitfenster seitens der Messegesellschaften noch mehr eingekürzt worden sind. Das wäre keine gute Entwicklung.

BlachReport: Sind Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen grenzübergreifend gültig oder hat jedes Land oder jede Region seine eigenen Regeln?

Falco Zanini: In Deutschland ist es teilweise schon schwierig. Es gibt insgesamt vier, fünf verschiedene Orientierungsgliederungen, nach denen man hier in Deutschland arbeiten muss und dazu kommen dann auch noch regionale Eigenheiten und Unterschiede. Richtig spannend wird es dann im Ausland. Das hat dann wenig mit EU-Regeln oder internationalen Vorgaben zu tun, hier regiert dann weiter die Kleinstaaterei mit allem, was dazugehört: andere Regeln, andere Dokumente, andere Vorgehensweisen.

BlachReport: Welche Maßnahmen zur Erhöhung der Arbeitssicherheit in der Veranstaltungswirtschaft wären künftig wünschenswert?

Falco Zanini: Mein Wunsch wäre tatsächlich, dass jeder Beteiligte endlich das Thema Veranstaltungs- und vor allem Arbeitssicherheit ernst nimmt. Also wirklich mal hinsetzen, Gefährdungsbeurteilung schreiben, Schutzmaßnahmen ableiten, die Schutzmaßnahmen vernünftig umsetzen, Mitarbeiter fortbilden, ihnen vernünftige Schutzausrüstungen zur Verfügung stellen und grundsätzlich miteinander sprechen, in die Planung gehen und die Anforderungen auch umsetzen.

BlachReport: Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.

Anzeige: Text gelesen? Werbung gesehen? Können Sie auch haben . . .