fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft und das R.I.F.E.L.-Institut planen gerade eine umfangreiche HR-Studie. Ziel ist es, in einem inzwischen sehr unübersichtlichen Marktumfeld Transparenz zu schaffen. Das soll allen Branchenteilnehmern dabei helfen, das Gehaltsgefüge und die Rahmenbedingungen für Beschäftigte in der Veranstaltungswirtschaft besser einordnen zu können. Weiterhin untersucht die Studie den Wandel vor und nach der Pandemie, die soziodemografischen Faktoren und deren Einfluss auf Verkaufspreise. Wir haben dazu Jörn Huber, Vorstandsvorsitzender der fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft, befragt.
BlachReport: Überall steigen die Preise und natürlich kann sich auch die Veranstaltungswirtschaft von dieser Entwicklung nicht abkoppeln. Aber was sind denn eigentlich die Preistreiber im Event Business?
Jörn Huber: 2022 ist für die Veranstaltungswirtschaft immer noch ein sehr herausforderndes Jahr – obwohl es in den Sommermonaten aufgrund verschiedener Faktoren wie Veranstaltungen, die nachgeholt oder vorgezogen werden, gerade wieder brummt. Eigentlich haben wir ein verkürztes Geschäftsjahr – reduziert von zwölf auf sechs bis acht Monate –, nachdem die ersten vier Monate durch die Pandemie mehr oder weniger weggefallen sind und die Buchungen für November und Dezember auch noch relativ überschaubar sind.
Dazu kommt ein aufgrund von Corona ausgelöster dramatischer Fach- und Führungskräftemangel. Momentan, also zumindest in den Sommermonaten, geht es allen Anbietern gleich. Keiner weiß, woher die benötigten Mitarbeiter kommen sollen. Dazu sind viele Anfragen gerade sehr kurzfristig und kaum realisierbar, müssen also vielleicht abgesagt werden. Man muss wissen, dass wir in der Coronakrise ungefähr 54 Prozent unserer international anerkannten und bestens ausgebildeten Fachkräfte verloren haben, die aufgrund einer vermeintlich unsicheren Zukunft auch nicht so schnell zurückkommen werden.
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Unter Strich resultiert daraus eine gigantische Kostenexplosion. Messen und Events sind im Schnitt 45 Prozent teurer geworden – bei Events sind es um die 50 Prozent, bei Messen knapp 38 Prozent. Dazu tragen sowohl der Fachkräftemangel, der zu höheren Kosten führt, als auch die massiv gestörten Lieferketten, die Rohstoff- und Energiepreise als auch Logistikkosten bei. Mal abgesehen von Besonderheiten wie den Hygieneanforderungen, die es 2019 noch nicht gab und ebenfalls Kosten verursachen. Das alles sind Faktoren, die Events teurer werden lassen.
BlachReport: Was sagen denn die Auftraggeber von Events zu dieser Entwicklung?
Jörn Huber: Denen ist auch klar, dass alles teurer geworden ist. Nur die dramatischen Auswirkungen auf unsere Branche sind ihnen vielleicht nicht bewusst. Deswegen ist hier noch sehr viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Dabei hilft zum Beispiel die letzte R.I.F.L.E.-Studie enorm, die diese Kostensteigerungen in den Fokus nahm. Aber wenn man sich vor Augen hält, dass für einen Event, der früher eine Million Euro gekostet hat, mittlerweile ein Budget von rund 1,5 Millionen Euro erforderlich ist, kann man auch verstehen, dass die Auftraggeber von dieser enormen Steigerung alles andere als begeistert sind. Dazu kommen dann auch noch die Budget-Umschichtungen in vielen Unternehmen, die in den Pandemiezeiten erfolgt sind. Die Budgets für die Livekommunikation müssen teilweise neu angelegt werden, was gerade, wenn möglicherweise auch noch eine Rezession ansteht, schwierig ist.
BlachReport: fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft und das R.I.F.L.E.-Institut planen gerade eine neue Studie für den HR-Bereich. Warum gerade jetzt?
Jörn Huber: Die Branche ist total im Umbruch, und wir haben inzwischen doch ein sehr unübersichtliches Marktumfeld. Und da ist es uns wichtig, Transparenz zu schaffen und mit validen Zahlen und einer soliden Datenbasis zu agieren, wenn es um Gehälter und Sozialleistungen geht. Es gibt in vielen Unternehmen eine große Unsicherheit hinsichtlich dem allgemeinen Gehaltsgefüge, dass ja schon in den vergangenen Jahren sehr heterogen und breit gefächert war. Letztendlich müssen wir uns auch mit anderen Branchen vergleichen können und gute Argumente für mögliche Unterschiede beziehungsweise Argumentationshilfen für den branchenübergreifenden Wettbewerb haben. Persönlich glaube ich, dass wir im Vergleich gar nicht so schlecht dastehen, wie das häufig kolportiert wird, wenn wir auch mit den Spitzengehältern in der Industrie nicht mithalten können.
BlachReport: Welche Faktoren sollen beim Studiendesign im Fokus stehen?
Jörn Huber: Wie gesagt, die Studie hat unterschiedliche Zielsetzungen. Zum einen wollen wir unseren Mitgliedern und der Branche dabei helfen, das aktuelle Gehaltsgefüge besser einordnen zu können und in diesem Zusammenhang vielleicht sogar Honorarempfehlungen geben. Aber es gibt noch andere Überlegungen: Was ist beispielsweise zu tun, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein und damit nicht nur innerhalb der Branche Bestand zu haben, sondern auch gegenüber anderen Branchen? Wie bekomme ich die Fachkräfte zurück in die Veranstaltungswirtschaft? Ist das nur ein Gehaltsthema? Welche Rahmenbedingungen spielen noch eine Rolle? Weiterhin soll die Studie die demografischen Faktoren aufzeigen und einen Überblick über die Situation vor und nach Corona schaffen.
BlachReport: Wie wird denn die Studie durchgeführt und wer kann daran teilnehmen?
Jörn Huber: Es gibt einen umfangreichen Fragebogen, dessen Beantwortung vielleicht ein bisschen Zeit in Anspruch nimmt – abhängig vom Organisationsgrad der Teilnehmer. Und mitmachen kann jedes Unternehmen aus unserer Branche, das Angestellte hat. Die Studie wird in mehreren Stufen stattfinden. Wir starten mit den Agenturen, den Messebauunternehmen und den Event-Abteilungen der Industrie, also unseren Kunden. Die anderen Marktsegmente der Veranstaltungswirtschaft folgen in der nächsten Stufe.
BlachReport: Wann kann mit Ergebnissen gerechnet werden? Und was könnten die Schlussfolgerungen sein, die sich aus den Ergebnissen der Studie ergeben?
Jörn Huber: Die Erhebung der Studie soll bis Mitte September erfolgen. Ergebnisse erwarten wir dann ab Mitte Oktober. Schlussfolgerungen lassen sich aus einer Transparenz im Gehaltsgefüge und den Sozialleistungen ziehen. Aber nicht nur, denn wir erwarten auch Aussagen zu den Soft Skills der einzelnen Berufsbezeichnungen, was es bisher in dieser Branche noch nicht gab. Das hilft dann weiter bei Ausschreibungen und Preisdiskussionen mit Auftraggebern.
Und im Endeffekt geben uns die Ergebnisse und Schlussfolgerungen hoffentlich gute Argumentationshilfen im Wettbewerb mit anderen Branchen an die Hand, dass wir entweder bei der einen oder anderen Position nachlegen müssen oder aber schon gut dastehen und das auch belegen können – zum Beispiel hinsichtlich der Bezahlung oder den Arbeitszeiten.
BlachReport: Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.
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