Start Meinung Event-Evaluation mit Flow: Wann hat ein Event performt?

Event-Evaluation mit Flow: Wann hat ein Event performt?

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Fragen an Ron Schneider von Schachzug über die Software „Flow“ beziehungsweise das xKPI Ökosystem für die Erfolgsmessung in der Livekommunikation.

BlachReport: Das Thema Erfolgskontrolle für Events ist nicht neu, hat aber gerade neu an Fahrt aufgenommen. Ihr seid einer der Gründe dafür. Wieso hat Schachzug die Software ‚Flow‘ beziehungsweise das xKPI Ökosystem entwickelt?

Ron Schneider: Ursprünglich aus purem Eigennutz. Es gibt gegenüber den Kunden zunehmend Argumentationsbedarf hinsichtlich der Kosten beziehungsweise den Budgets im Experience Marketing. Und zwar einerseits, weil generell weniger Geld da ist, und andererseits, weil wir gut rechtfertigen müssen, was die Budgets im Vergleich zu anderen Marketingdisziplinen wie zum Beispiel dem Onlinemarketing bringen. Dort hat sich das Tracking beziehungsweise die Datenanalyse längst etabliert.

Ron Schneider (Foto: Schachzug)

Im Experience Marketing haben wir bislang nicht so gute Karten und können über den Erfolg oder Misserfolg einer Maßnahme wenig valide Ergebnisse liefern. Das macht es nicht nur für uns, sondern auch für unsere direkten Ansprechpartner in den Konzernen schwierig, ihre Spendings zu rechtfertigen und zu verteidigen. Momentan ist es mehr ein Gefühl, dass die Live-Interaktion nachhaltig und emotionalisierend ist, es fehlen die Daten. Das wollen wir ändern und einerseits belegbar machen und andererseits Möglichkeiten zur datenbasierten Optimierung bieten.

BlachReport: Welche Informationen kann man mit ‚Flow‘ gewinnen und wie erfolgt der Einsatz in der Praxis?

Ron Schneider: Für das xKPI Ökosystem haben wir verschiedene Tools für unterschiedliche Aufgaben entwickelt, beziehungsweise in der Entwicklung, damit wir die ganze Bandbreite und ihre Anforderungen abdecken können. ‚Flow‘ ist das erste Tool, das sich dem Tracking der Gäste widmet, also wann sich die Gäste wohin bewegt haben und warum das so gewesen ist. Wo haben sie wie lange verweilt? Wie lange waren sie mit Produkten beschäftigt?

Konkret können wir also endlich die tatsächlichen Guest Journeys auf Veranstaltungen nachvollziehen beziehungsweise auf Messen überhaupt erfahren, wie viele Gäste sich wirklich auf unserem Stand befunden haben. Es muss somit nicht mehr von Veranstalterzahlen und den Klickzahlen an Exponaten hergeleitet werden. Natürlich sind alle Daten bereinigt von Standpersonal, Kunde und Agentur. Durch die Einrichtung einzelner Areas können wir zudem die exakte Anzahl an Personen an einzelnen Produkten, Exponaten oder auch in Showbereichen messen. Dies bringt mit sich, dass wir auch bei Shows, Pressekonferenzen oder Besuchen von Prominenten tracken können, ob beziehungsweise. welchen Einfluss die Aktion auf die Gästezahlen bewirkte. Kurzum: bei jedem Produkt, jeder Aktivierung sowie jeden einzelnen Veranstaltungsbereich können wir nach Auswertung den ROI anhand des tatsächlichen Gästeverhaltens feststellen und datenbasiert bewerten.

Und das ist für uns nicht nur nach dem Event wichtig, sondern wird auch während der Veranstaltung immer spannender. Gerade auf Messen oder auf Motor Shows, die sich über mehrere Tage erstrecken, nutzen wir diese Insights, um agil konzipierte und konstruierte Messestände über Nacht optimieren zu können also zum Beispiel Produkte auszutauschen, Wege zu verändern et cetera, um von Tag zu Tag besser zu werden.

BlachReport: Was passiert mit den gesammelten Informationen? Wer wertet sie aus und was kann man damit anfangen?

Ron Schneider: Die Learnings sind sehr umfangreich und bringen viele Insights zur Konzeption, der Architektur, der Laufwege, der Customer Journey, der Produktpräsentation und so weiter. Die Software ist echtzeitfähig und ermöglicht Ansichten der Live-Situation ebenso wie Rückblicke entlang der Timeline. Wir können auch Zeiträume definieren, in denen wir uns dann die Gesamtzahlen an einem bestimmten Produkt zu einer bestimmten Zeit geben lassen, die wir dann in Beziehung zu den Planungen setzen. Zusammengeführt mit konventionellen Daten wie Marktforschung, Leads, Clippings oder PR-Reach entsteht ein holistisches Bild von dem sich gut ableiten lässt, wie der Event dann wirklich performt hat. Die generelle Auswertung erfolgt direkt im digitalen Dashboard, auf welches Kunden vollen Zugriff haben. Bei einfacher Usability können sich die Daten aller Tracking-Areale kombiniert sowie vereinzelt darstellen lassen – filterbar nach Tagen, Stunden und sogar Minuten. Bei Bedarf unterstützen wir natürlich sehr gerne in der Erstellung und Interpretation der Auswertung.

Flow Log-in Screen

BlachReport: Was ist dabei beim Datenschutz zu beachten?

Ron Schneider: Das ist ein elementares Thema mit besonderer Beachtung, weil wir ja neben diversen Sensoren auch Wärmebildkameras und Videokameras einsetzen. Zunächst einmal kann man dazu sagen, dass niemals personenbezogene Daten ermittelt oder gespeichert werden. Wir setzen Kameras ein und zeichnen aber nicht auf, sondern wir ermitteln nur Positionswerte beziehungsweise, in anderen Produkten, Emotionswerte oder Sentiment Daten, von denen keine Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich sind.

BlachReport: Ist ‚Flow‘ grundsätzlich ein Produkt, das jeder Veranstalter nutzen kann oder ist es bestimmten Veranstaltern oder Veranstaltungsgrößen zugeordnet? Und was kostet der Einsatz von ‚Flow‘ überhaupt?

Ron Schneider: Das Produkt soll grundsätzlich für alle nutzbar sein – vom Veranstalter über Agenturen bis zu den AV-Dienstleistern – und auch für alle Veranstaltungsgrößen. Der Preis variiert von der Größe des Veranstaltungsareals und der entsprechend benötigten Anzahl an Sensoren und wird – zumindest noch bei den ersten Einsätzen – individuell auf Anfrage berechnet. Wir sind gerade erst aus der Prototypenphase raus, in der das Produkt bei realen Veranstaltungen erprobt wurde. Wir gehen jetzt in eine Phase, in der wir mit Partner-Agenturen anfangen, Events mit ‚Flow‘ regelmäßig zu tracken und auch das Produkt weiter voranzutreiben. Wir haben schon mit einigen Agenturen gesprochen und planen aktuell eine Art Testgruppe, mit der wir gemeinsam diese Möglichkeiten in der Praxis nutzen.

Wir werden auf den nächsten Produktionen Gäste einladen, wo man sich den Einsatz von ‚Flow‘ hinter den Kulissen anschauen kann – sei es Kunde, Dienstleister oder Agentur. Der Produktlaunch erfolgt also ab jetzt fließend.

BlachReport: Werden das dann Lizenznehmer sein oder kann man sich ‚Flow‘ beispielsweise für eine einzelne Veranstaltung mieten oder kaufen?

Ron Schneider: Ja, wir planen eine Mietlösung, welche allen Marktteilnehmern die Nutzung ermöglicht. Klar ist dabei, dass der Bedarf ganz unterschiedlich ist. Wir haben beispielsweise schon einige Anfragen von Unternehmen, welche die Evaluation selbst vornehmen wollen und bei ihren Projekten mit verschiedenen Agenturen zusammenarbeiten. Durch unsere mandantenfähige Software-Architektur ist dies einfach möglich.

In der Einführungsphase geben wir Hilfestellung und stehen unseren Partnern mit Empfehlungen zur Seite. Zum Beispiel was die Montage und Positionierung der Sensoren angeht. Den technischen Part, also die Installation und Verkabelung der Sensoren, könnten die bestehenden AV-Dienstleister einfach übernehmen. Wir checken vor einem Event die Signalqualität und sichern so die erfolgreiche Datenproduktion.

Das User Interface von ‚Flow‘ ist leicht verständlich und lässt sich intuitiv so customizen, wie es gerade gebraucht und gewünscht ist, um auch die Daten auswerten zu können, die benötigt werden. Wir sind bei der Gestaltung davon ausgegangen, was wir als Agentur und unsere Kunden inhaltlich brauchen, haben aber auch großen Wert auf ein ansprechendes Design gelegt. Wir möchten, dass unsere Partner gerne mit der Software arbeiten.

Was die Bewertung der gesammelten Daten angeht, unterstützen wir in der Einführungsphase gerne, wenn dies gewünscht ist. Wir verstehen aber auch total, wenn andere Agenturen hier autark agieren möchten. Deswegen haben wir das gesamte xKPI Ökosystem auch von unserem Agenturgeschäft mit Schachzug getrennt.

Flow Dashboard mit den Bereichen

BlachReport: Wie viele dieser Sensoren werden benötigt?

Ron Schneider: Das ist natürlich stark abhängig vom Eventformat, der Veranstaltungsgröße und der Architektur. Für die Weltpremiere des Skoda Superb in Prag hatten wir ein Areal von rund 40 Metern Breite, 15 Metern Tiefe und eine Höhe von neun Metern mit zwölf Sensoren abgedeckt.

Auf Messeständen arbeiten wir auch kontextuell. Das bedeutet zum Beispiel, dass uns der Ein- und Austrittspunkt sehr wichtig sind – also wo die Besucher herkommen und wo sie den Stand wieder verlassen. Daraus lässt sich ableiten, ob es etwas mit der Wegeführung zu tun hat, ein Wettbewerber dort stark agiert oder im Gegenzug vielleicht auch seine Besucher durch eine unserer Aktivierungen verliert. Für ein ganzheitliches Bild spielen wir deshalb den Hallenplan mit unseren Standnachbarn ins System ein.

BlachReport: Gibt es schon Praxisbeispiele für den Einsatz von ‚Flow‘ und was waren die Learnings aus diesem Praxisbeispiel?

Ron Schneider: Es gab schon einige Praxiseinsätze bei Weltpremieren von Škoda. Gestartet sind wir mit einem Kodiaq Event. Anschließend haben wir nachgelegt, Datenverarbeitung und Analysen optimiert und neue Features dazu gebaut. Das hat sich in der Praxis entwickelt, weil wir gesehen haben, wenn man diese Infos hat, könnte man auch gut noch andere ermitteln. Letztendlich war unser Eindruck, dass man eigentlich eher zu wenig Daten bekommt und selten zu viel. Zuletzt haben wir ‚Flow‘ für die Superb Weltpremiere auf einer recht großen Fläche in einer Vollausstattung genutzt und waren mit dem Daten-Output mehr als zufrieden, sodass wir für die Verortung und Zonierung bei der nächsten Veranstaltung bereits Optimierungs-Punkte mitnehmen konnten.

Final fertig wird eine Software aber wahrscheinlich nie. Deshalb auch die Entscheidung ‚Software as a Service‘ beziehungsweise eine Mietlösung anzubieten. Wir haben jetzt schon wieder einige Features nachgelegt und wollen beim nächsten Einsatz teilweise auch noch weitere Sensorik einsetzen. Hier kommt uns unsere jahrelange Arbeit auf der CES in Las Vegas zugute. Wir trafen uns dort mit einigen Lieferanten und diskutierten mit diesen auch den Einsatz neuer Prototypen-Sensorik. Ich kann versprechen, es wird wirklich spannend.

BlachReport: Was sagt der Kunde über ‚Flow‘?

Ron Schneider: Das Interesse an validen Aussagen über den Erfolg oder Misserfolg eines Events ist in diesen Tagen unglaublich groß. So groß, dass bereits in der Ideation Phase, also noch vor Beginn der Entwicklung, mehrere Marketingentscheider uns die Relevanz bestätigt haben und wir uns gerade in der Angebotsphase für die ersten Einsätze befinden. Vor allem müssen wir uns an dieser Stelle bei Škoda bedanken, die uns die Gelegenheit gaben, bei unseren Projekten dieses Produkt einzusetzen und zu testen.

Jetzt sind wir bereits bei einem zweiten Produkt über die sogenannte Sentiment-Messung angelangt, mit dem wir die emotionale Reaktion und Interaktionen von Veranstaltungsbesuchern erfassen wollen. Sowohl ‚Flow‘ als auch das zweite Produkt mit dem internen Arbeitstitel ‚Neural‘ sind nicht auf dem Reißbrett, sondern bedarfsorientiert in der Praxis entstanden. Und das funktioniert nicht, wenn der Kunde nicht von Anfang an ebenfalls begeistert ist und uns bei der Optimierung unterstützt.

BlachReport: Ist es künftig vielleicht sinnvoll, vor einer Veranstaltung quasi eine Preview zu machen, um so die wichtigsten Elemente und Highlights einer Veranstaltung im Vorfeld zu checken, um im Bedarfsfall noch an den Stellschrauben drehen zu können?

Ron Schneider: Ja, das macht vor allem bei Keynotes, großen Inszenierungen und Shows Sinn. Wir bereiten dann Testshoots, Animatics und Pre-Visualisierung auf und präsentieren diese verschiedenen Probanden, zum Beispiel mittels Virtual Reality. Kombiniert mit EEG-Sensoren erfassen wir so unterbewusste Reaktionen wie Interest, Focus, Excitement et cetera, welche uns Tendenzen ermöglichen, wie intensiv die Inhalte wahrgenommen, verarbeitet und gegebenenfalls auch im Gedächtnis gespeichert werden.

Beim Produkt ‚Flow‘ fließen zudem alle erhobenen Verhaltens-Daten anonymisiert veranstaltungsübergreifend in eine kollektive Datenbank. Ziel ist es – nach Umsetzung einer definierten Mindestanzahl an Events – mithilfe von Predictive Analytics die Gästeströme vor der Veranstaltung zu simulieren. So wird bei einem Messestand zum Beispiel die generell erwartende Gesamt-Besucherzahl genauso mit einbezogen, wie die Abhängigkeit von Standplatz und Lage zu den Top Brands oder die Ausrichtung der Highlight-Produkte. Hierdurch kann rein mithilfe des Standplans ein weiterer Qualitätsmanagement-Prozess noch vor Beginn der Produktionsphase echtdatenbasiert durchgeführt werden, um einen bestmöglichen Output der Veranstaltung zu erreichen.

Ob es den Aufwand wert ist, ist immer eine Frage der Priorität. Teuer ist vor allem der Misserfolg und oft gibt es bestehendes Material, das wir zweitverwerten und aufbereiten können. Dann macht das so sehr viel Sinn.

BlachReport: Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.