Start Meinung David Baldig über die ISO 20121 Zertifizierung bei GPJ

David Baldig über die ISO 20121 Zertifizierung bei GPJ

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Die Agentur George P. Johnson (GPJ) hat als erstes Unternehmen im Rahmen des ISO 20121 Konvois das Level 1-Audit zur ISO 20121 Zertifizierung für nachhaltiges Eventmanagement erfolgreich abgeschlossen. In Zusammenarbeit mit der Nachhaltigkeitsberatung 2bdifferent, der fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft und der IFES International Federation of Exhibition & Event Services hat George P. Johnson einen umfassenden Prozess durchlaufen, der die Grundlage für die Zertifizierung bildet.

Wir wollten mehr dazu wissen und hatten einige Fragen an David Baldig, Senior CSR Manager EMEA, zur ISO 20121 Zertifizierung bei GPJ.

BlachReport: George P.  Johnson (GPJ) hat kürzlich das Level 1 Audit zur ISO 20121 Zertifizierung abgeschlossen. Was bedeutet das für GPJ?

David Baldig: Die ISO 20121 als Managementsystem bringt bei uns alle Maßnahmen im Sinne der Corporate Responsibility zusammen. Wir nutzen das System, um bestehende Prozesse zu strukturieren und kontinuierlich auszubauen. Die Zertifizierung nach ISO 20121 erfolgt dabei in zwei Stufen. Das Stufe-1-Audit prüft die Zertifizierungsreife, also ob alle Rahmenbedingungen formal existieren, die für die Zertifizierung notwendig sind. Dazu zählen dokumentierte Informationen, standardspezifische Bedingungen und Gespräche mit dem Team. Prozesse und Betriebsabläufe werden analysiert, um sicherzustellen, dass Ziele und KPIs vorhanden und verstanden sind. Der erfolgreiche Abschluss des Stufe-1-Audits bestätigt, dass unsere bisherigen Maßnahmen sinnvoll, richtig und ISO 20121-konform waren und bestätigt die Zertifizierungsreife. Dies gibt uns Sicherheit, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

BlachReport: Welcher Aufwand war dafür erforderlich und wie lange hat diese Maßnahme bei GPJ gedauert?

David Baldig: Zwischen der Entscheidung zur Einführung der Norm und der Stufe-1-Auditierung verging etwa ein Jahr. Das Stufe-2-Audit steht noch aus. Insgesamt wird der Prozess bei uns rund anderthalb Jahre dauern. Unser internationaler Hintergrund und bereits implementierte Managementsysteme wie ISO 14001 für Umweltmanagement und ISO 9001 für Qualitätsmanagement haben unseren Start erleichtert. Für mich persönlich war es das erste Managementsystem, das ich mit implementiert habe, und mich mit der ISO-Sprache vertraut zu machen, kann man als Herausforderung bezeichnen. Die ISO 20121 ist wesentlich komplexer, umfangreicher und tiefgreifender als alle anderen Normen, die für uns relevant sind, da wir mit der Implementierung stärker in die bestehenden operativen Prozesse eingreifen und den Mindeststandard in Nachhaltigkeit für alle Projekte festlegen.

Es war dann sehr hilfreich, dass sich mehrere Teammitglieder eigeninitiativ mit der ISO 20121 beschäftigen wollten. Dafür hat sich eine Gruppe von 15 Personen im Rahmen unseres Trainingsprogramms zusammengefunden und sich zu Beauftragten für nachhaltiges Eventmanagement ausbilden lassen. Dabei waren alle Bereiche vertreten: unsere kreativen Abteilungen, unsere Eventmanager, Teamleitungen und Teile der Geschäftsleitung. Außerdem haben wir mit unserer Kollegin Sabrina Renker mittlerweile eine ausgebildete Auditorin im Haus.

BlachReport: Warum haben Sie sich für ISO 20121 entschieden?

David Baldig: Meiner Meinung nach ist ISO 20121 der ambitionierteste und am besten zugeschnittene Standard für unsere Branche und unser Kerngeschäft als Agentur. Ich komme aus dem klassischen Event- und Projektmanagement und habe im November 2022 meine Stelle als Nachhaltigkeitsmanager angetreten. Im Dezember, also anderthalb Monate später, kam das Angebot seitens fwd: und IFES, gemeinsam mit anderen Unternehmen und einem Beratungsunternehmen in einem Konvoi die ISO 20121 zu implementieren. Dies bot die Möglichkeit für uns, das Nachhaltigkeitsmanagement strukturell aufzubauen und zu implementieren. Die Teilnahme am Konvoi, also mit zehn Unternehmen und begleitet vom Beratungsunternehmen 2bdifferent auf diese kollektive Lernreise zu gehen, war letztendlich sehr hilfreich. Der gesamte Prozess hat unser Unternehmen resilienter und glaubwürdiger gemacht, nicht nur gegenüber unseren Kunden, sondern auch als Arbeitgeber.

BlachReport: Ist damit zu rechnen, dass eine Zertifizierung wie ISO 20121 eine Teilnahmevoraussetzung für Ausschreibungen wird?

David Baldig: In gewisser Weise erleben wir das bereits. Wir haben die erste Ausschreibung vorliegen, in der eine Eventorganisation nach ISO 20121 gefordert wird. Obwohl es nicht zwingend notwendig ist, dass auch die Agentur zertifiziert ist, muss man danach arbeiten können. Dies erfordert eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Norm und ist nicht in ein paar Wochen zu erlernen. Allein der Umstand, dass die Norm in Ausschreibungen konkret benannt wird, zeigt, dass zumindest für bestimmte Größenordnungen in absehbarer Zeit auch die Zertifizierung notwendig sein wird.

BlachReport: Sie haben erwähnt, dass das Managementsystem im Daily Business implementiert werden muss. Wie haben Sie das gemacht?

David Baldig: Der Aufbau dieses Managementsystems konzentriert sich auf zwei Aspekte: übergeordnete Unternehmensprozesse und das tatsächliche nachhaltige Eventmanagement. Rückblickend betrachtet ist der erste Teil, also die übergeordneten Unternehmensprozesse, der einfachere, da es um die Erstellung von Policies, Richtlinien und Unternehmenszielen geht. Diese Dokumente und Prozesse aufzusetzen, Ziele zu vereinbaren und nachzuhalten, steuert im Endeffekt eine Kerngruppe im Management. Der zweite Teil, das nachhaltige Eventmanagement, bringt dann die Herausforderung, dass alle Konzepte und Richtlinien im Alltag vom gesamten Team gelebt werden müssen. Die Teammitglieder sind aber keine ISO-Experten und auch keine Managementsystem-Experten.

Da ich selbst aus dem Event- und Projektmanagement komme, weiß ich, wie herausfordernd und stressig der Arbeitsalltag sein kann. Kundenanfragen werden immer kurzfristiger, der Markt und die Verfügbarkeiten sind angespannt und es gibt einen Fachkräftemangel. Man muss daher nah an der Realität der Teammitglieder bleiben. Wir haben uns daher relativ schnell von den Maximalforderungen verabschiedet. Das ist im Einzelfall sicher möglich, aber für die breite Umsetzung derzeit noch utopisch, da weder Kunden noch unsere Branche so weit sind.

Gleichzeitig bietet das System die Möglichkeit, bei höherer Ambition des Kunden die Projekte auf ein nächstes Level zu bringen. Eine effiziente Implementierung bedeutet, dass wir die notwendige Dokumentation gemäß den ISO-Anforderungen haben, aber auch dem Team eine klare Guidance geben, was nachhaltig ist und was der Mindeststandard sein sollte.

BlachReport: Sie haben mehrere Zertifizierungen genannt, die gängig sind. Warum macht man Mehrfach-Zertifizierungen?

David Baldig: Letztlich sind diese Zertifizierungen ein Zeugnis von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Normen, die für unseren Erfolg und die internationale Zusammenarbeit wichtig sind. Unsere erste Zertifizierung war 2011 nach ISO 14001 für Umweltmanagement, die einer unserer globalen Kunden von seinen Partnern weltweit eingefordert hat. Zwei Jahre später kam ISO 9001 für Qualitätsmanagement dazu, 2016 folgte ISO 45001 für Arbeitsschutz und 2017 dann IT-Sicherheit. Aktuell sind wir im Prozess der Tisax-Zertifizierung, eine Anforderung unserer Kunden aus der Automobilbranche.

Diese Zertifizierungen ergänzen sich und erleichtern die Audits und Zertifizierungen, da gewisse Teile nicht doppelt geprüft werden müssen. ISO 20121 ist für uns eher ein Upgrade und der übergeordnete Mantel, unter dem die anderen Zertifizierungen zusammenlaufen. Die Umsetzung und Zertifizierung von Managementsystemen bindet aber auch Arbeitskraft und verursacht Kosten, was vor allem für kleinere Unternehmen eine Herausforderung ist.

BlachReport: Haben Sie Ratschläge für Ihre Berufskollegen, die vor der Entscheidung für Zertifizierungen stehen?

David Baldig: Man sollte Ziele setzen, die sinnvoll und zumutbar sind. Die ISO-Normen sind flexibel und auf alle Unternehmensgrößen anwendbar. Durchhaltevermögen und Begeisterung gehören dazu, um den Prozess durchzuziehen. Ich möchte den Tipp geben, dass man die Kollegen und Kolleginnen ins Boot holt, die Leidenschaft für das Thema haben, und ihnen die Chance gibt, sich einzubringen. Weiterhin benötigt man neben den entsprechenden finanziellen, persönlichen und infrastrukturellen Ressourcen die aktive Unterstützung des Managements, die auch Voraussetzung in der ISO-Norm ist.

Nicht zu vergessen: Nicht jedes Managementsystem muss zertifiziert werden, um danach zu arbeiten. Was ich an dieser ganzen Diskussion bemerkenswert finde, ist, dass sich die Branche aus intrinsischer Motivation heraus auf diesen Weg gemacht hat, nicht weil es primär Kunden fordern. Vor anderthalb Jahren hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass sich in den drei Konvois, die bisher unterwegs sind, gleich 30 Unternehmen in unserer Branche nach ISO 20121 zertifizieren lassen.

BlachReport: Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.